Inzwischen habe ich die 84 bzw. 65 Seiten der Urteile vom 15. Mai in Bayern und Rheinland-Pfalz durch und meine Klagebegründung so ziemlich abgeschlossen, muss allerdings noch jede Menge Material zur Begründung einarbeiten.
Eine wortwörtliche Wiedergabe der Begründung wäre rechtswidrige Rechtsberatung, ich betone dabei ausdrücklich, dass die in den vorigen Posts und hier ausgeführten Ansätze nur die Meinung des Verfassers wiedergeben, allgemeinen Informationszwecken dienen und nicht Anspruch auf Vollständigkeit und Rechtssicherheit erheben können.
Wie bereits erwähnt und in mehreren Posts ausführlich erläutert, läuft die Begründung im wesentlichen auf die Berufung auf folgende Grundrechte hinaus:
- das Recht zur Klage resultiert aus Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 1 Abs. 3 GG (bzw. Art. 20 Abs. 3 GG, wenn man mit Schmackes argumentieren will);
- Verletzung negativer Informationsfreiheit nach Art. 5. Abs. 1 GG; das Gegenargument der Rundfunkanstalten ist, dass eine Zahlungsverpflichtung keine Nutzungsverpflichtung darstellt, wogegen angeführt werden kann, dass eine Zahlungsverpflichtung eine Finanzierungsverpflichtung ist, der Betroffene also seiner Freiheit, zu wählen, welche Informationsinhalte er konsumiert - und damit finanziert - nicht mehr nachkommen kann;
- Verletzung der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 4; diese ergibt sich für mich aus der Informationsverfälschung durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in der Berichterstattung über den Bürgerkrieg in der Ukraine, was inzwischen ja sogar teilweise eingestanden worden ist. Ich nehme diesen Grund mit hinzu, weil sich die Rundfunkanstalten dazu noch keine Strategie überlegen konnten, zur Begründung werde ich später nochmal einen eigenen Post verfassen, weil die Gewissensfreiheit verfassungsrechtlich eine sehr heikle Sache ist;
- Verletzung des Gleichheitsgrundssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG durch die Pauschalisierung des Rundfunkbeitrags, wohingegen alle anderen als Beiträge eingestuften öffentlichen Abgaben entweder auf Basis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Kranken- und Rentenversicherung) oder auf Basis des damit verbundenen Nutzungsvorteils bzw. Verbrauchs erhoben werden. Dem wird in den erwähnten und anderen ergangenen Urteilen erwidert, dass die Pauschalisierung im Rahmen der Typisierung eines Massenvorgangs erfolgt, wobei der Gesetzgeber solange im Rahmen seiner Befugnisse bleibt, sofern die Zahl der davon Benachteiligten zehn Prozent nicht überschreitet. Dem kann - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - erwidert werden, dass der zur Begründung herangezogene Sachverhalt einen völlig anderen Zusammenhang aufweist.
- Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG (in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 EMRK); hierbei muss bedacht werden, dass Art. 2 Abs. 1 GG ein subsidiäres Auffangrecht ist, d. h. es werden Zusammenhänge hergestellt, die teilweise sehr weit hergeholt sein können und einer ausführlicheren Darstellung bedürfen; es macht daher Sinn, Bezüge dazu in der Klagebegründung erst nach anderen Gründen anzugeben. Die möglichen Bezüge zu Art. 2 Abs. 1 GG sind in vorigen Posts dargestellt worden; der Verweis auf Art. 8 Abs. 1 EMRK erfolgt deswegen, weil er dem französischen Code Civil entlehnt ist (Art. 9 Abs. 1). Dieser Artikel bildet die Grundlage für die widerlegbare Regelvermutung, nach der in Frankreich diejenigen von der Zahlung der Medienabgabe befreit werden, welche angeben, keine Rundfunkgeräte im Haushalt zu besitzen. Da die EMRK in Deutschland einfachen Gesetzesrang hat, ergibt sich daraus ein Widerspruch; noch interessanter ist sie deshalb, weil sie Bestandteil einer Europäischen Verfassung geworden wäre, wäre die Abstimmung im Jahre 2005 darüber erfolgreich gewesen. Der Bundestag hat diesem Entwurf 2005 zugestimmt, abgelehnt worden ist er von Frankreich. Wäre es also nach dem politischen Willen der Bundesregierung gegangen, hätte die EMRK heute verfassungsrechtlichen Rang, stünde über dem Verwaltungsrecht und ließe sich daher nicht mit dem Rundfunkbeitrag vereinbaren - denn ein europäisches Grundrecht kann nicht in zwei Mitgliedsstaaten der EU unterschiedlich ausgelegt werden. Dieser Punkt wird in der Revision noch sehr wichtig werden: es ist unrealistisch, von einem Erfolg in der ersten Instanz auszugehen, wichtig ist, eine Argumerntationsgrundlage aufzubauen, die über mehrere Instanzen trägt.
Aufgrund des rigorosen Abschmetterns der formellen Verfassungswidrigkeit in den Urteilen vom 15. Mai sehe ich momentan keinen Sinn darin, den Vorwurf der Zwecksteuer einzubauen. Die Rechtssprechung hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie diesbezüglich die Auffassung der Rundfunkanstalten eins zu eins teilt. Natürlich gibt es sattsam Gutachten, die eine gegenteilige Meinung vertreten, und natürlich stellt diese Meinung innerhalb der Politik- und Medienwissenschaften sogar die Mehrheit. Schaden kann die Berufung darauf nicht. Aber mir ist die Erarbeitung von Streitpunkten, zu denen noch kein Urteil gefällt worden ist, wichtiger. Als Einzelperson macht es meiner Meinung nach ohnehin eher Sinn, sich auf materielle Verfassungswidrigkeiten zu berufen, durch die man direkt betroffen ist.
Soviel zur Klagevorbereitung, nun zum Stand der Dinge.
Letztes Wochenende habe ich beim Sammeln von Unterschriften für eine erneute Petition gegen den Rundfunkbeitrag, die hier eingesehen bzw. unterzeichnet werden kann, Gespräche mit vielen Interessierten geführt und dabei erfahren, dass inzwischen verstärkt Zwangsvollstreckungen durchgeführt werden. Dies betrifft anscheinend mehrheitlich solche Haushalte, die die Zahlung verweigert und die Schreiben des Beitragsservice komplett ignoriert haben, aber es werden nun wohl auch verstärkt Zahlungen in Fällen gefordert, wo Widerspruch eingereicht, aber nicht von der Rundfunkanstalt negativ bestätigt worden ist. Ich kann nicht beurteilen, ob dies tatsächlich stimmt, weil dies nur verbale Auskünfte gewesen sind. Treffen diese Aussagen aber zu, so würde dies bedeuten, dass der Beitragsservice mit den Urteilssprüchen aus München und Koblenz im Rücken in die Offensive geht und Verwaltungsgerichte zum Pfänden der ausstehenden Beiträge veranlasst.
Wie bereits erwähnt, kann hiergegen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bzw. auf Eilrechtsschutz gestellt werden, wenn die Ankündigung der Vollstreckung durch das Gerivcht selbst erfolgt - nicht bereits dann, wenn die Rundfunkanstalt sie ankündigt, denn dann kann der Antrag als nicht dringlich abgewiesen werden. Was aber anhand dieser Entwicklung eindeutig klar wird, ist: ZUM RECHTSWEG GIBT ES KEINE ALTERNATIVE! Wenn mich etwas im vergangenen Jahr an den Aktivitäten gegen den Rundfunkbeitrag frustriert hat, dann die bei einem großen Teil der Betroffenen vertretene Vorstellung, man könne die Forderungen des Beitragsservice so aussitzen, wie man dies der Unverletzlichkeit der Wohnung wegen bei der Rundfunkgebühr eventuell noch konnte. Ich habe es im persönlichen Gespräch oft erlebt, dass dann, wenn ich erklärt habe, dass dies bei einer Haushaltsabgabe nicht funktioniert, einfach nicht mehr zugehört wird. Viele dieser Leute scheinen sich auch anderthalb Jahre nach Einführung des Rundfunkbeitrags nicht näher mit der Thematik befasst und keine Vorstellungen davon zu haben, worauf sich ihre Unzufriedenheit rechtlich beziehen kann; zudem sind dies oft genau diejenigen, die sich in Internetforen am stärksten über den Rundfunkbeitrag beschweren. Genau diese Leute knicken nun ein, weil sie befürchten, der Gerichtsvollzieher steht gleich vor der Tür und nimmt ihnen ihre Wertsachen weg.
Dabei läuft eine Pfändung völlig anders ab: wird kein Antrag auf Aussetzung gestellt oder dieser abgewiesen - was durchaus passieren kann, wenn kein Widerspruch eingelegt oder bei negativem Bescheid keine Klage eingereicht wurde -, ermittelt das Verwaltungsgericht, ob der Betreffende Konten hat. Von diesem Konto wird dann der betreffende Betrag zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von €20 abgebucht - so einfach ist das. Dem kann man nur dann entgehen, wenn man bei seiner Bank das Konto als Pfändungskonto meldet. Dadurch sind Guthaben bis zu einem Betrag von 1.045,04 Euro je Kalendermonat geschützt; nähere Auskünfte dazu finden Sie hier.
Noch bedrohlicher wird die Situation ab 2015, weil der Beitragsservice ab dann ermächtigt ist, den Einzug von Langzeitschuldnern an private Inkassofirmen abzugeben. Das wird teuer, weil diese für ihre Arbeit eine volle Gerichtsgebühr verlangen können, die sich nach der Höhe der betreffenden Forderung richtet. Statt €20 werden dann bei einfachem Satz für Beträge bis €500 Gebühren von €35 fällig, über €500 sind es €53. Ob es allerdings beim einfachen Satz bleibt, kann ich nicht sagen, weil solche Fälle ja noch nicht eingetreten sind. Inkassofirmen versuchen grundsätzlich, unzulässige Zusatzgebühren zusätzlich zum Streitwert zu erheben, welche diesen oft übersteigen. Wenn dies also tatsächlich praktiziert werden sollte, werden sich die Betroffenen in der Hölle auf Erden wiederfinden und spätestens dann den Gang zum Anwalt antreten müssen.
Es ist natürlich wiederum ein unglaublicher Skandal, dass der Beitragsservice zu einem solchen Vorgehen ermächtigt worden ist - es nützt aber auch nichts, darüber zu lamentieren, wie unfair das alles doch ist. Fest steht: Wer nicht zahlen will muss früher oder später klagen (sofern man nicht das Land verlässt). Wer nicht klagt wird früher oder später vollstreckt. Behauptungen, man ließe sich lieber einsperren, sind, sofern man den entsprechenden Betrag auf dem Konto hat, sinnlos. Und der Verfasser dieser Zeilen wendet sich mit diesem Blog auch nicht an diese Betroffenen, sondern diejenigen, die begriffen haben, dass der Rechtsweg die einzige Möglichkeit ist, sich wirklich gegen den Rundfunkbeitrag zur Wehr zu setzen. Natürlich, das kostet Geld - mehr Geld als die Zahlung der Beiträge, sofern die Klage abgewiesen wird. Aber es kostet auf jeden Fall weniger, als sich vollstrecken zu lassen, wenn man mit Inkassofirmen konfrontiert wird.
In meinem negativen Widerspruchsbescheid - Eingang 13.6. - steht, dass eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids nicht möglich sei, da die Voraussetzungen nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwgO nicht vorlägen.
AntwortenLöschenDemnach soll die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ein ernstlicher Zweifel bestehe aus vorgenannten Gründen (die im Widerspruchsbescheid angeführten Urteile) nicht. Die Vollziehung stelle auch keine unbillige Härte dar, da mir durch die Vollziehung kein über die bloße Zahlung des Betrags hinausgehender Nachteil entstehe. Es wurde Ratenzahlung angeboten. Ich soll in 3 Wochen - das ist jetzt - Bescheid geben, in welcher Höhe ich die Raten monatlich zahlen könne.
Ich will aber klagen, und ich hatte angenommen, dass im Zusammenhang mit der Klageeinreichung einem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung stattgegeben würde.
Der Anwalt, den ich wegen längerer Abwesenheit im Winter dann doch beauftragt hatte meinte vor paar Tagen, ich müsse jetzt zahlen.
In diesem Blog lese ich nun, dass der Antrag auf Aussetzung abgewiesen werden kann wenn kein Widerspruch eingelegt, oder bei negativem Bescheid keine Klage eingereicht wurde. Im positiven Umkehrschluss also, dass im Zusammenhang mit der Klageeinreichung einem Antrag auf Vollstreckung stattgegeben wird.
Es wäre doch auch ein ein Widerspruch, wenn ich gegen die Rechtmäßigkeit eines Gebührenbescheids klage und gleichzeitig diese Gebühren bezahle.
Also Ich will das nochmal mit dem Anwalt besprechen, bevor ich mich zu früh auf Zahlungen einlasse.
Hallo "Adebaran",
AntwortenLöschenich habe meine Klage vorbereitet und würde Ihnen diese gerne einmal zukommen lassen (natürlich kein "Rechtsberatung").
Wie kann ich sie per Mail erreichen?
Viele Grüße