Am 3.12.2013 hätten eigentlich fünf Klagen vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erstverhandelt werden sollen, die zuständige Richterin soll aber versetzt worden sein. In allen fünf Verfahren handelt es sich um soziale Härtefälle, etwa wenn eine Person aufgrund von Hartz IV oder BAFöG beitragsbefreit ist, den Bescheid darüber aber so spät erhält, dass der Beitragsservice sie zunächst als beitragspflichtig einstuft. Einmal erteilte Zahlungsaufforderungen werden nicht zurückgenommen, was dazu geführt hat, dass Rundfunkbeiträge für ein Quartal zu zahlen sind, für das darauf folgende aber nicht.
Bereits im Juli hatte das VG Ansbach eine Klage gegen den 'Schwerbehindertenbeitrag' abgelehnt. Schwerbehinderte waren bis 31.12.2013 von der Gebührenzahlung befreit, müssen nun aber ein Drittel bezahlen - so wie PC-Nutzer vorher. Das Gericht argumentierte, der Gesetzgeber hätte damit einerseits der Maßgabe entsprochen, die Lasten möglich gleich zu verteilen, andererseits durch den niedrigeren Beitrag Rücksicht auf die soziale Situation genommen (VG-Ansbach_AN-14-K-1300535).
Ein positives Ergebnis hingegen hat eine Klage gegen den Meldedatenabgleich vor dem VG Göttingen, wo am 6.9.2013 darauf erkannt wurde, dass die weitreichenden Auskunftspflichten gegenüber dem Beitragsservice, die diesem im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugestanden wurden, gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen (Az. 2 B 785/13). Diese Entscheidung wurde vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg am 10.9.2013 kassiert (Az. 4 ME 204/13). Einen Überblick über anhängige Verfahren bietet:
http://www.refrago.de/Welche_Klagen_gegen_den_neuen_Rundfunkbeitrag_gibt_es.frage42.html.
Aus diesen Vorgängen lässt sich erkennen, dass die 'Vorlaufphase' des Konflikts um den Rundfunkbeitrag inzwischen geendet hat und wir nunmehr im eigentlichen juristischen Konflikt angekommen sind. Diejenigen, die diesen Blog verfolgen, dürften also bereits Beitragsbescheide erhalten haben und sich nunmehr Gedanken darum machen, wie sie ihre Klagen begründen sollen (oder auch nicht: ich warte immer noch auf meinen Beitragsbescheid). Zu diesem Thema ist alles gesagt worden, was zu sagen ist; Links zu Beispielen von Widersprüchen und Bescheiden sind in früheren Posts zu finden. Es scheint mir daher angebracht, unter dieses Thema einen Schlussstrich zu ziehen und mich nunmehr der eigentlichen Klagevorbereitung zuzuwenden.
Da es mehrere Anknüpfungspunkte gibt und sich durch Entscheidungen in anhängigen Verfahren der Stand der Dinge jederzeit ändern kann, möchte ich in mehreren Einzelbeiträgen unterschiedlichen Punkten nachgehen. Die bisher verhandelten bzw. zur Verhandlung zugelassenen Klagen beschäftigen sich mit folgenden Fragen:
- Ist der Rundfunkbeitrag eine Zwecksteuer ? (dazu: http://www.wohnungsabgabe.de/klagegrundallgemein.html)
- Verstoßen die Auskunftspflichten gegenüber dem Beitragsservice gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ? (dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Informationelle_Selbstbestimmung, http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft-Verfassung/Datenschutz/Informationelle-Selbstbestimmung/informationelle-selbstbestimmung_node.html)
- Stellt die Zahlungsverpflichtung von Minderbemittelten bzw. Rundfunknichtnutzern einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip dar ? (dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Verh%C3%A4ltnism%C3%A4%C3%9Figkeitsprinzip_%28Deutschland%29)
- Sind die Regelungen zu unterschiedlichen gewerblichen Zahlungsverpflichtungen mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG vereinbar ? (dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichheitssatz)
- Berührt der Rundfunkbeitrag die Gewissensfreiheit nach Art. 4 GG ? (dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Gewissensfreiheit)
Die bisherigen Entscheidungen deuten darauf hin, dass sich die Verwaltungsgerichte der Argumentation des Gesetzgebers anschließen, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk ein Allgemeingut ist. Jedem stehen die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Verfügung, also kann auch jeder dazu verpflichtet werden, zu seiner Finanzierung beizutragen. Ob man dieses Angebot tatsächlich nutzt, oder ob es die eigenen Bedürfnisse oder Interessen überhaupt anspricht, ist aus einer solchen Perspektive heraus belanglos. Genau diese Argumentation kann aber durchaus als rechtlich problematisch betrachtet werden, weil sie dazu geeignet ist, einer Abkopplung (nicht nur) des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vom Interesse der Allgemeinheit Vorschub zu leisten. Es scheint mir sinnvoll, in der Klagevorbereitung auf diesen Widerspruch hinzuweisen: öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist von allgemeinem Interesse, deshalb muss ihn die Allgemeinheit finanzieren, wobei es egal ist, ob sich die Allgemeinheit für seine Inhalte interessiert bzw. überhaupt nutzt. Es geht also um die Frage, ob aus einer allgemeinen Zahlungsverpflichtung nicht ein allgemeiner Leistungsanspruch ergeht, also die Sicherstellung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Interessen aller Beitragspflichtiger in seinen Inhalten zu berücksichtigen hat, und dass eine Zahlungsverpflichtung ohne diese Sicherstellung grundrechtswidrig ist (eine solche Sicherstellung hätte im Vorfeld durch eine Konkretisierung des Programmauftrags und einer Beteiligung der Allgemeinheit an den Verwaltungsorganen der Rundfunkanstalten erreicht werden können).
Eine interessante Quelle hierzu ist André Fiebig: Gerätebezogene Rundfunkgebührenpflicht und Medienkonvergenz. Duncker & Humblot 2008. Schriften zu Kommunikationsfragen Band 46. 460S. ISBN 978-3-428-12618-7. In dieser 2007 zur Dissertation an der Universität Rostock angenommenen Arbeit beschäftigt sich Fiebig mit der juristischen Entwicklung, die die Rundfunkgebühr seit ihrer Einführung genommen hat. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war die PC-Gebühr beschlossen worden, und Fiebigs Anliegen ist primär, darzustellen, warum dadurch das grundsätzliche Problem einer gerätebezogenen Rundfunkgebühr nicht gelöst worden ist. Dabei wird sehr ausführlich die Entwicklung über die verschiedenen Rundfunkgebührenstaatsverträge nachvollzogen und folgende - ernüchternde - Schlussfolgerung gezogen:
Der Streitstand zur Rechtsnatur der Rundfunkgenühr Im
historischen Kontext des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols beschränkt
sich (…) auf die Frage, ob die Rundfunkgebühr als Anstaltsnutzungsgebühr,
Beitrag oder Mischform dieser Typen zu qualifizieren war, während sie nach
einhelliger Ansicht eine Vorzugslast darstellte. Dieser Streit erweist sich in
mehrfacher Hinsicht als gegenstandslose Kontroverse. Denn weder ist eine
rechtliche Notwendigkeit der Qualifikation als Beitrag oder Abgabe mit
beitragsähnlichem Charakter anzuerkennen noch führte eine solche Einordnung zu
einem dogmatischen Ertrag oder unterschiedlichen Ergebnissen. Die
Notwendigkeit, der Rundfunkgebühr beitragsartige Elemente zuzusprechen oder sie
insgesamt als Beitrag zu qualifizieren, wird in der Regel damit begründet, dass
es infolge der gerätebezogenen Anknüpfung auf den tatsächlichen Empfang nicht
ankomme und insofern die Benutzungsmöglichkrit ausreichend sei. Dies wiederum
sei mit der Qualifikation als Anstaltsnutzung unvereinbar, da es an einer
individuell zurechenbaren Gegenleistung mangele. Indes vermögen die hierfür
angeführten Überlegungen in der Sache nicht zu überzeugen. (...) Grenzen für
die Ausgestaltung als Anstaltsnutzungsrecht können sich (...) nur aus
Bundesrecht, insbesondere Verfassungsrecht ergeben. Eigenständige
bundesrechtliche oder verfassungsrechtliche Beitrags- und Gebühgrenbegriffe
existieren jedoch ebenso wenig, wie eine daraus ableitbare Abgrenzung dieser
Institute gegeneinander. Diese ist vielmehr dem einfachen Recht überlassen,
wobei der Gesetzgeber innerhalb der in Anspruch genommenen Regelungskompetenz
einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum etwa in Bezug auf die Frage
hat, welche individuell zurechenbaren Leistungen er einer Gebührenpflicht
unterwerfen will. Damit handelt es sich aber um austauschbare Formen der Abgabenerhebung,
mittels welcher äußerlich gleich gelagerte Sachverhalte je nach
einfachgesetzlicher Ausgestaltung sowohl über Beiträge als auch Gebühren
finanziert werden können. Es ist hiernach bereits zweifelhaft, ob und nach
welchen Kriterien sich Beiträge und Gebühren überhaupt voneinander abgrenzen
lassen. (...) derartige Versuche (beruhen) lediglich auf Schematisierungen der
in der Praxis vorhandenen Abgaben, welche weder abschließend sind noch den
Landesgesetzgeber rechtlich zu binden vermögen. (Fiebig 2008: 113ff.)
Das erklärt einerseits, dass sich die Verwaltungsgerichte in ihren Entscheidungen darauf berufen können, dass der Gesetzgeber nicht an eine eindeutige Unterscheidung zwischen Gebühren und Beiträgen gebunden ist, andererseits hat diese begriffliche Schwammigkeit durchaus zur Folge, dass in Streitfällen wie diesen genau abgewägt werden muss, worin der behauptete Nutzen der Abgabe besteht und wie wahrscheinlich er ist:
Ist wie im Falle der Rundfunkgebühr die
gesetzgeberische Entscheidung insofern zweideutig, als sie sowohl als Anknüpfung
an eine Benutzungsmöglichkeit als auch an eine vermutete Benutzung gedeutet
werden kann, verdient jedenfalls diejenige Auslegung den Vorzug, die den
Wahrscheinlichkeitsmaßstab am realitätsnahsten an der Anstaltnutzung ausrichtet
bzw. sich überhaupt auf Wahrscheinlichkeitsannahmen gründet. Die bloße
Nutzungsmöglichkeit bis hin zu einer vermeintlichen Nutzungsunabhängigkeit ist
demgegenüber weder geeignet noch hinreichend, um Nutzer und Nichtnutzer zu
unterscheiden und hieran eine Abgabepflicht zu knüpfen. (...) Hiernach bleibt festzuhalten, dass die
Rundfunkgebühr keine Gegenleistung für eine Benutzungsmöglichkeit ist, sondern
für das vermutete Gebrauchtmachen von einer solchen erhoben wird. Sie ist in
Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers und der fachgerechtlichen
Rechtsprechung als Anstaltsnutzungsgebühr zu qualifizieren. (Fiebig 2008: 118f.)
So erklärt sich denn auch die Interpretation Ermano Geuers, der in seiner Popularklage in Bayern den Rundfunkbeitrag als Zwecksteuer betrachtet:
Die nachvollzogene Entwicklung der Rundfunkgebühr von
der fernmelderechtlichen Verleihungsgebühr und Konzessionsabgabe, über die
landesrechtliche Anstaltsnutzungsgebühr zur Abgabe für die Finanzierung der
Gesamtversanstaltung Rundfunk hat gezeigt, dass sich mit Ausnahme ihrer
Erhebungstechnik alle Eigenschaften und deren Begründungen grundlegend
gewandelt haben. Am vorläufigen Endpunkt dieser Entwicklung bleibt die
Entstehung einer janusköpfigen Struktur zu konstatieren: De jure, d.h. der
einfachgesetzlichen Ausgestaltung nach unter Ausblendung der Rechtsprechung des
BVerfGE, handelt es sich bei der Rundfunkgebühr um eine parziell unzulässige
Anstaltsnutzungsgebühr. De facto, d.h. unter Zugrundelegung der ihr insbesondere
vom BVerfGE beigemessenen bzw. gebilligten Eigenschaften, entspricht sie einer
Zwecksteuer zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung Rundfunk, insbesondere des
von den Rundfunkanstalten wahrgenommenen Grundversorgungsauftrages. (Fiebig 2008: 205)
Im Anschluss widmet sich Fiebig der für uns interessantesten Frage, ob nämlich eine Umwidmung der Rundfunkgebühren in Rundfunkbeiträge aufgrund der bereits geschilderten begrifflichen Interpretationsfreiheit statthaft wäre oder nicht. Die Diskussion darüber befand sich zu diesem Zeitpunkt noch im Werden, erst 2009 wurde (unter der Schirmherrschaft von Kurt Beck) eine Arbeitsgruppe mit eben diesem Ziel gegründet. Es wundert daher nicht, dass Fiebig die Gefahren eines solchen Vorgehens verdeutlicht:
Bereits die immer wieder bemühte Ausgangsthese,
Beiträge könnten für eine Nutzungsmöglichkeit erhoben werden, ist in dieser Allgemeinheit
nicht zutreffend. Dies ergibt sich schon aus der allgemeinen Überlegung, dass
eine Nutzungsmöglichkeit keinen hinreichenden Gegenleistungsbezug wahrt, sondern
offenkundig auf einen schlichten Oktroy der Finanzierungslast hinausläuft. Wäre
diese Argumentation stichhaltig, könnte nahezu die gesamte Staatstätigkeit über
Beiträge, d.h. außerhalb der grundgesetzlichen Steuerverfassung, finanziert
werden. Denn eine Vielzahl staatlicher Leistungen wird jedem Mitglied des
Gemeinwesens angeboten und kann von diesem genutzt werden. (Fiebig 2008: 238)
Als Beispiel dafür verwendet Fiebig ein defizitäres Schwimmbad, dessen Finanzierung die betreibende Kommune dadurch löst, dass alle Gemeindemitglieder, ob Schwimmer oder Nichtschwimmer, zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet werden, wofür im Gegenzug Eintrittspreise entfallen. Es fällt ihm auf, dass auf solche Ideen im kommunalen Bereich niemand käme:
Soweit ersichtlich wird ein solch ausufernder
beitragsrechtlicher Vorteilsbegriff auch nur für die Rundfunkgebühr reklamiert,
wobei sich die Vertreter in Übereinstimmung mit der abgabenrechtlichen Dogmatik
und Rechtspraxis wähnen, wenn bspw. festgestellt wird, für die Erhebung eines
Beitrages reiche die Möglichkeit der Inanspruchnahme oder ..."die Möglichkeit
eines Vorteils..., den der Pflichtige nutzen könnte." (Michael Libertus
in Hahn/Vesting, Beckscher Kommentar zum Rundfunkrecht, München 2003). Dies
beruht indes auf einem Missverständnis, einer unzulässigen Verkürzung des
Beitrags- bzw. Vorteilsbegriffs. Richtig ist demgegenüber, dass es weder
theoretisch noch realiter Beiträge gibt, die für eine schlichte
Benutzungsmöglichkeit erhoben werden. Zwar findet sich auch in der Rechtspraxis
immer wieder die Endung: Beiträge können für..."die Möglichkeit der vorteilhaften
Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung..." erhoben werden (Christian
Starck in Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetzz Bd, 1, München 1999,
GG Art. 3 Abs. 1, Rn 118), oder ..."es genügt, wenn ihnen (den
Beitragspflichtigen) ein entscheidender Vorteil geboten wird und sie diesen
nutzen können." (BVerwGE 109,97 (111). Diese Aussagen sind jedoch
kontextbezogen und damit weder verallgemeinerungsfähig noch auf die
Rundfunkgebühr übertragbar. Denn hier bleibt zu beachten, dass es sich bei den
so beschriebenen Abgaben bspw. um Verbandslasten handelt oder, dass - wie etwa
im Kommunalabgabenrecht ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht. In diesen
Fällen geht es damit primär um die Rechtfertigung des Zwangverbandes bzw. des Anschluss-
und Benutzungszwanges. Auch nur annähernd Vergleichbares existiert jedoch für
die Recfhtfertigung der Rundfunkgebühr de lege lata nicht, und ließe sich
ebenso wenig begründen, da hier ein schlichter (nutzungsunabhängiger)
Finanzierungszwang in Rede steht. Wollte man gleichwohl diese Grundsätze
(unzulässigerweise) auf die Rundfunkgebühr übertragen, bliebe weiterhin zu
beachten, dass der die Beitragspflicht begründende und legitimierende Vorteil
sich realiter niemals in einer bloßen Benutzungsmöglichkeit, d.h. in einem
Leistungsangebot erschöpfen kann. Diese sind vielmehr strikt zu trennen, d.H.
der Vorteil muss über die bloße Inanspruchnahmemöglichkeit hinausgehen, weil er
andernfalls nur dann vorläge, wenn der Pflichtige von dieser tatsächlich
Gebrauch macht. Bei den in der Rechtspraxis vorzufindenden Beiträgen wird die
tatsächliche Inanspruchnahme von Leistungen folglich nur deshalb für
unmaßgeblich erklärt, weil der Vorteil hiervon unabhängig ist. (Fiebig 2008: 239)
Eine berechtigte Qualifizierung als nutzungsunabhängige Beitrage sieht Fiebig etwa in Umlagen von Erschließungskosten, weil z.B. eine Straßen- oder Wasseranbindung den Verkehrswert eines Grundstücks steigert:
(....) "das Abstellen auf eine bloße
"Benutzungsmöglichkeit" (ist) zur Begründung eines Vorteils
ungeeignet" (OVG Koblenz, Urteil vom 6.5.1980, 6A204/79 zum Wasserbeitrag für
eine Transformatorenstation). Wie auch das BVerfGE zutreffend festgestellt hat,
muss die Beitragspflicht folglich eine "...unmittelbare Verbindung zu
(...) konkreten, einzeln greifbaren wirtschaftlichen Vorteilen (...) aufweisen
(BVerfGE 49,343(353). Ein vergleichbarer Vorteil erwächst dem
Rundfunkteilnehmer jedoch ersichtlich nicht. (Fiebig 2008: 240).
Dies ist meiner Meinung nach der zentrale Punkt der Beitragsregelung, der in Klageschriften mehr als bisher Verwendung finden sollte: Beitragszahlungen sind in einem materiell nachweisbaren Nutzungsvorteil begründet, der Rundfunkteilnehmer hat jedoch von seiner Beitragszahlung keinerlei materiellen Nutzen. Dieser Umstand ist von der 'Arbeitsgruppe Rundfunkbeitrag' konsequent ignoriert worden, obwohl man durchaus davon ausgehen kann, dass den Beteiligten Fiebigs Arbeit vertraut gewesen sein muss.
Allerdings kritisiert Fiebig in erster Linie die gerätebezogene Gebührenerhebung als anachronistisch und sachfremd, und wenn man sich auf diese Schrift beruft, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Gegenseite folgenden Passus in Erinnerung ruft:
(...) abgesehen davon, dass eine der Allgemeinheit
offerierte Benutzungsmöglichkeit keinen Sondervorteil begründen kann, könnte es
sich hierbei schon pe definitionem nicht um einen Gruppenvorteil handeln. Wie
bereits dargelegt ist der aus der Grundversorgung erwachsene Vorteil nicht Einzelnen
oder Gruppen zurechenbar. Er liegt vielmehr im Gesamtinteresse und ist für alle
Mitglieder eines Gemeinwesens gleich. Dieser allgemeine Vorteil kann für die
Belastung eines von der Allgemeinheit verschiedenen Personenkreises nicht
ausreichen; im Gegenteil impliziert er die Erhebung einer Gemeinlast. (Fiebig 2008: 242)
Demgegenüber kann allerdings seine Schlussfolgerung aus dem Resüme angebracht werden, nach der eine Anpassung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an Marktbedingungen die einzige zukunftsträchtige Option ist und noch einmal genau hervorgehoben wird, warum die Beitragsregelung so problematisch ist:
Perspektivisch verbleibt nur die Option, das
Aporem Rundfunkgebühr durch eine konsequente Systementscheidung zugunsten eines
ihrer Bestandteile aufzulösen. Sie ist daher entweder als Steuer oder als Gebühr
zu erheben.
A) Eine Erhebung als Steuer setzt eine belastbare
Zuweisung von Aufgaben (Grundversorgung) und deren strikt akzessorische
Finanzierung voraus. Ein solches Modell ist mit Blick auf europarechtliche
Vorgaben sowie die Staatsfreiheit des Rundfunks problematisch, richtet das
Problem nur unzureichend an den Konsumentenpräferenzen aus und belässt es bei
der Bereitstellung eines "Null-Kosten-Gutes". Überdies können die
Länder eine solche Steuerlösung aus Kompetenzgründen nicht im Alleingang einführen.
B) Vorzugswürdig - wenn nicht alternativlos -
erscheint daher, die Rundfunkbebühr an den Konsumentenpräferenzen auszurichten und
sie als Gebühr zu erheben. Hierfür ist der Zwangscharakter der Abgabe zugunsten
einer Anstaltsfinanzierung durch (freiwillige) Nutzer auszulösen. Dies ist
entweder durch Zulassung von Exclusionsmechanismen beim Teilnehmer oder durch
eine Verschlüsselung des Programms möglich.(Fiebig 2008: 435)
Mit anderen Worten, eine Steuererhebung wäre nur dann zulässig, wenn die damit zu erfüllenden Aufgaben - also der Programmauftrag - genau definiert würden. Das ist rechtlich nicht möglich, wäre der Rundfunkbeitrag also als eine Zwecksteuer zu werten - ist er unzulässig.
Diese Zusammenfassung ist natürlich kein Ersatz dafür, Fiebigs Arbeit in ihrer Gesamtheit zu lesen - was ein anstrengendes Unterfangen ist. Die angesprochenen Punkte reichen jedoch aus, um zu verdeutlichen, dass es sich die Verwaltungsgerichte bisher in der Sache zu leicht gemacht haben und eine Berufung in diesem Kontext nicht so ohne weiteres abgelehnt werden dürfte; hierbei wäre dann spätestens ein Anwalt zu beauftragen.
Der Frage der Verletzung von Persönlichkeitsrechten nach dem Grundgesetz gehe ich in meinem nächsten Post nach.